Wür­di­gung der Arbeit und Dank der Gemein­de

Ab­schieds­rede der Vor­sit­zen­den des Kir­chen­vor­stands Birgit Schmidt für Pfar­rer Stephan Da Re am 9. Oktober 2022

Lie­ber Stephan,

Ers­te Begeg­nung

am 22. Novem­ber 2017 habe ich hier in der Johan­nes­kir­che den ers­ten Got­tes­dienst besucht. Er war im Schau­kas­ten aus­ge­schrie­ben mit „Öku­me­ni­scher Got­tes­dienst zum Buß- und Bet­tag“ und das „öku­me­nisch“ hat mir mir Mut gemacht, hier einen Fuß in die ‒ schwer zu fin­den­de ‒ Tür zu set­zen. Du wirst Dich an die­sen Got­tes­dienst ver­mut­lich auch erin­nern. Nicht mei­net­we­gen, aber es war – abge­se­hen vom Bewer­bungs­got­tes­dienst – auch Dein ers­ter Got­tes­dienst hier. An die­sem Abend wur­dest Du vor­ge­stellt als der neue Pfar­rer, der ab Febru­ar die vakan­te Pfarr­stel­le beset­zen wird. Du hat­test den Got­tes­dienst kur­zer­hand über­nom­men, weil Du an dem Abend Zeit hat­test. Ich weiß noch, was Du gepre­digt hast, und ich kann mich auch nach fast fünf Jah­ren – was in mei­nem Alter kei­nes­wegs mehr selbst­ver­ständ­lich ist – an unse­re ers­ten gewech­sel­ten Wor­te erin­nern. An der Aus­gangs­tür ver­ab­schie­dest Du mich mit „Schön, dass Sie da waren.“ Ich ant­wor­te­te: „Schön, dass ich da sein durf­te. Ich bin ja katho­lisch.“ Du strahl­test mich an und sag­test: „Wie schön! Das ist geleb­te Öku­me­ne.“

Geleb­te Öku­me­ne

„Geleb­te Öku­me­ne“. Damit fing unser gemein­sa­mer Weg hier in der Joha an. Geleb­te Öku­me­ne, das steht für mich für das, was uns alle ver­bin­det, für Glau­ben, der gelebt wer­den will und soll, und für Leben, das vom Glau­ben gelei­tet und getra­gen wird. Unser Glau­be und unser Wir­ken in der Welt ist nicht tot, darf nicht tot sein. Über­all dort, wo wir ins Han­deln kom­men, wo wir in Bezie­hung mit ande­ren ste­hen, erfah­ren wir Got­tes Nähe. Glau­be ‒ das sind kei­ne toten Buch­sta­ben auf dem Papier, Glau­be, das ist Leben­dig­keit. „Das Gesetz ist für den Men­schen da, nicht der Mensch für das Gesetz“ (nach Mk 2, 27) ‒ da waren wir uns immer einig.

Kla­re Hal­tung

Dass es viel Leben­dig­keit, viel­fäl­ti­ge Bezie­hun­gen, viel Ver­än­de­rung, aber auch vie­le Her­aus­for­de­run­gen gab in der Joha in Dei­ner Zeit hier ist unver­kenn­bar. Damals, 2017, hät­te kei­ner von uns bei­den gedacht, dass ich Dich heu­te als Vor­sit­zen­de des Kir­chen­vor­stands ver­ab­schie­den darf und muss. Und das fällt mir nicht leicht. Mit nur weni­gen Men­schen habe ich in so kur­zer Zeit ein so gro­ßes Ver­trau­ens­ver­hält­nis auf­ge­baut. Und das gilt ja nicht nur für mich. Dei­ne Art, auf Men­schen zuzu­ge­hen, sie zu stär­ken und zu stüt­zen und das rich­ti­ge Wort zur rich­ti­gen Zeit zu fin­den ist eine beson­de­re Bega­bung. Dass Du Dich dar­über hin­aus um Ant­wor­ten auf alle Fra­gen, die Dir gestellt wer­den, bemühst, sei­en sie noch so fern, eine kla­re Hal­tung zu den Pro­ble­men unse­rer Zeit hast, ohne Men­schen zu bevor­mun­den, dass Du für die Anlie­gen, die Dir wich­tig sind, kämp­fen kannst, auch das ist ein Mar­ken­zei­chen von Dir. Als Bei­spiel nen­ne ich ger­ne die Kli­ma­an­la­ge für die Kita, die wir ohne Dei­nen Ein­satz ver­mut­lich immer noch nicht hät­ten.

Leben­di­ge Gemein­de

Als Du mir im März mit­teil­test, dass Du die Joha ver­las­sen wirst, hat­ten wir uns auch dar­über unter­hal­ten, dass hier anfangs vier, fünf Men­schen zum Got­tes­dienst kamen. Jetzt sind wir eine leben­di­ge Gemein­de mit einem fes­ten Stamm von regel­mä­ßi­gen Got­tes­dienst­be­su­chern, viel­fäl­ti­gen Got­tes­diens­ten und gut besuch­ten Andach­ten. Beson­ders schön fin­de ich auch, dass unter den regel­mä­ßi­gen Got­tes­dienst­be­su­chern Men­schen aus ande­ren Gemein­den sind, evan­ge­li­sche und katho­li­sche. Das ist für eine Nicht-Innen­stadt­kir­che nicht selbst­ver­ständ­lich. Auch das zeugt davon, dass die Joha lebt. „Geleb­te Öku­me­ne“ – immer noch.

Neue Ideen und Kon­zep­te

Bis die Coro­na-Pan­de­mie kam, war die­se Leben­dig­keit buch­stäb­lich zu sehen und zu füh­len bei unse­ren 2‑in‑1 Fami­li­en­got­tes­diens­ten, der Krü­mel­kir­che, den Kon­fi-Tagen, beim leben­di­gen Mit­tags­tisch „Drei­er­lei“, den „Wir-sind-Eins“-Gemeindefesten und vie­lem mehr. Vie­les davon hast Du ein­ge­führt, Ideen ande­rer hast Du immer unter­stützt und immer hast Du ermun­tert, Din­ge ein­fach mal aus­zu­pro­bie­ren. Im Umfeld der Joha konn­te und kann man wach­sen, in jedem Alter, und das ist wun­der­bar. Dass Du Team­er für die Kon­fi-Arbeit gewin­nen konn­test und sie sehr ger­ne mit Dir gear­bei­tet haben, ist in mei­nen Augen ein beson­de­rer Ver­dienst. Kir­che ist mehr als „lang­wei­li­ger Sonn­tags­got­tes­dienst“, das haben sie durch Dich gelernt und ich wür­de mich freu­en, wenn sie es hier in der Joha oder an ande­rer Stel­le so wei­ter­ge­ben.

Coro­na-Pan­de­mie

Bei all dem, was gelun­gen ist, ist es kaum zu fas­sen, dass der zeit­lich größ­te Teil Dei­ner Arbeit hier unter Coro­na-Bedin­gun­gen statt­fin­den muss­te. Die Pan­de­mie hat vie­les erschwert, man­ches durch­kreuzt, man­ches neu ermög­licht, hat uns Din­ge aus­pro­bie­ren las­sen und oft­mals hat sie ein­fach nur genervt. Kei­ne Fami­li­en­got­tes­diens­te, weil die Kir­che zu voll wür­de, Fest­tags­got­tes­diens­te nur nach Anmel­dung, Kon­takt­nach­ver­fol­gun­gen, Dis­kus­sio­nen an der Kir­chen­tür über Sinn und Zweck von Mas­ken und Hand­des­in­fek­ti­on, Abend­mahl wie und in wel­cher Form, Got­tes­diens­te strea­men oder nicht (und wenn ja – wie?), all das und vie­les mehr hat viel Kraft gekos­tet Bei all dem galt es, die Gemein­de irgend­wie zusam­men zu hal­ten, die Men­schen zu schüt­zen und gleich­zei­tig nie­man­den aus­zu­schlie­ßen. Zum Schutz und aus Ver­ant­wor­tung für die Men­schen, denen Du begeg­nest, hast Du kon­se­quent Mas­ke getra­gen, und das tust Du bis heu­te. Auch das ent­spricht dem, was ich ein­gangs erwähn­te – Dei­ner kon­se­quen­ten Hal­tung.

Insti­tu­ti­on Kir­che

Aber auch ohne Coro­na ist sehr deut­lich spür­bar, wie die Leben­dig­keit, die wir uns alle wün­schen, wie Ideen und Umset­zun­gen all­zu oft dar­an schei­tern, dass ein viel zu gro­ßer Anteil von dem, was wir hier an Arbeit ein­brin­gen, durch Ver­wal­tung, Vor­schrif­ten und For­mu­la­re auf­ge­fres­sen wird. Ich selbst mer­ke immer mehr, dass Ver­kün­di­gung (als Prä­di­kan­tin) und Ver­wal­tung (als Kir­chen­vor­stands­mit­glied) nur schwer zusam­men pas­sen. Mein Herz hängt an der Ver­kün­di­gung, die Ver­wal­tung mache ich, weil es jemand machen muss. Die Ver­tei­lung der Auf­ga­ben ist aber umge­kehrt pro­por­tio­nal. Unter der Situa­ti­on hast Du auch gelit­ten, und vie­le ande­re tun es eben­falls, egal ob Haupt- und Ehren­amt­li­che. Das ist kein zukunfts­wei­sen­des Kon­zept, das muss man deut­lich sagen. Und die Zusam­men­le­gung von Gemein­den zu Nach­bar­schafts­räu­men wird an die­ser pro­ble­ma­ti­schen Struk­tur nichts ändern.

Dank und offe­ne Türen

Aber für Dich ist das jetzt aber erst mal alles Geschich­te. Du darfst Dich auf neu­en Auf­ga­ben in der Schu­le freu­en – als evan­ge­li­scher Schul­pfar­rer, Reli­gi­ons­leh­rer und Schul­seel­sor­ger. Das ist eine tol­le Auf­ga­be. Uns hier bleibt nur, Dir zu dan­ken und Dir zu ver­si­chern, dass unse­re Türen immer für Dich offen ste­hen. Zum Got­tes­dienst, zur ehren­amt­li­chen Mit­ar­beit, als Gemein­de­glied. Dan­ken möch­ten wir aber auch Euch, lie­be Kris­ti­ne, lie­be Mer­le, lie­ber Jan. Es war und ist nicht immer ein­fach, den Ehe­mann und Papa mit Kir­che und Gemein­de zu tei­len, das wis­sen wir und das wis­sen wir auch zu schät­zen. Vie­len Dank für Euer Zurück­ste­cken und Eure Geduld! Wir wün­schen Euch sehr, dass Fami­lie und Beruf auf der neu­en Stel­le bes­ser ver­ein­bar sind.

Got­tes rei­cher Segen

Lie­ber Stephan, „Men­schen beglei­ten, Gemein­schaft stär­ken, Iden­ti­tät stif­ten“ ‒ die­ses Mot­to hast Du in die Joha ein­ge­bracht, und die­ses Mot­to wirst Du auch mit in die Schu­le neh­men und dort umset­zen, da bin ich sicher. Wir, der Kir­chen­vor­stand, die gesam­te Gemein­de und alle Anwe­sen­den wün­sche Dir dazu alles Gute und Got­tes rei­chen Segen. Möge er Dich wei­ter­hin beschüt­zen und behü­ten und Dein Wir­ken in Segen ver­wan­deln.

Für den Kir­chen­vor­stand und die gesam­te Johan­nes­kir­chen­ge­mein­de

Birgit Schmidt