Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten

Ge­dan­ken zu 1. Ko­rin­ther 10,23-24 und christ­li­cher Frei­heit

Regeln und Geset­ze sind gut. Geben Halt und Sicher­heit. Bewah­ren uns vor Scha­den.

Manch­mal ist es aber auch sinn­voll, nicht auf sei­nem Recht zu behar­ren. Wenn ich als Rad­fah­re­rin vor einen Las­ter fah­re, weil ich Vor­fahrt hat­te, kann das schlecht für mich aus­ge­hen. Aber auch in weni­ger kras­sen Bei­spie­len ist Rück­sicht oft bes­ser als das Behar­ren auf sei­nem Recht.

Ähn­lich ver­hält es sich mit der Frei­heit. Frei­heit ist einer der Grund­pfei­ler unse­rer Demo­kra­tie. Und wenn in Pan­de­mie­zei­ten Geset­ze von Gerich­ten gekippt wer­den, dann ist die Begrün­dung in der Regel, dass die­se Ein­schrän­kung der Frei­heits­rech­te nicht zuläs­sig ist.

Frei­heit da ein­zu­for­dern, wo sie gefähr­det ist, ist wesent­lich für unse­re Gesell­schaft. Da müs­sen wir tat­säch­lich immer wach­sam sein, und es ist gut, wenn hier nicht alles ein­fach gekippt wer­den kann. Auch wenn es manch­mal schwer zu ertra­gen ist.

Da, wo die Ein­for­de­rung von Recht bzw. die Ein­for­de­rung von Frei­heit zum Scha­den aller wird, da ist die Lage nicht mehr ganz so ein­deu­tig.

Der­zeit spal­tet bei­spiels­wei­se die Impf­pflicht die Nati­on. Darf man Men­schen zur Imp­fung zwin­gen, auch wenn sie für sich selbst kaum ein Risi­ko sehen?

Ich wür­de mir wün­schen, die Fra­ge wür­de sich gar nicht stel­len. Im 1. Brief an die Korin­ther schreibt Pau­lus im 10. Kapi­tel:

Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist erlaubt, aber nicht alles baut auf. Nie­mand suche das Sei­ne, son­dern was dem andern dient. (1. Kor 10,23f)

Wer auf die­ser Basis agiert, lebt christ­li­che Frei­heit. Da gibt es nicht nur den Blick auf das eige­ne Risi­ko, da hat man auch den Blick für das Risi­ko der ande­ren. Da gibt es nicht nur die Angst um sich selbst und die Lie­be zu sich selbst, zur christ­li­chen Frei­heit gehört immer auch die christ­li­che Lie­be.

Wenn wir aus Lie­be und Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein han­deln, dann muss uns kein Staat zwin­gen, das zu tun, was getan wer­den muss. Dann mag es Regeln und Geset­ze geben, aber wir rei­zen sie nicht aus.

Nicht jeder hat die­sen Gedan­ken der christ­li­chen Frei­heit ver­in­ner­licht. Vie­le wol­len ihn viel­leicht auch lie­ber gar nicht ken­nen. Denn ein­fach ist das ja nun nicht. Sich zurück­zu­neh­men, gefühlt immer der Dum­me zu sein. Viel­leicht fühlt man sich auch aus­ge­nutzt, und viel­leicht wird man auch wirk­lich aus­ge­nutzt.

Und trotz­dem: Viel­leicht hilft der Gedan­ke dar­an, war­um wir so han­deln, wie wir han­deln, bes­ser mit unse­ren Gefüh­len denen gegen­über umzu­ge­hen, die nicht so han­deln. Denn mich macht es manch­mal wütend, dass ich stän­dig zurück­ste­cke, wäh­rend ande­re lus­tig in der Welt umher­flie­gen oder schein­bar das Leben genie­ßen. Und noch mehr macht mich wütend, dass für Kin­der die Mar­tins­um­zü­ge abge­sagt wer­den, wäh­rend sich anders­wo die Men­schen betrun­ken in den Armen lie­gen. Es macht mich wütend und ohn­mäch­tig. Die­se Wut und die­se Ohn­macht dür­fen wir vor Gott brin­gen. Er ist bei uns. Er erin­nert uns dar­an, dass wir dem Nächs­ten zulie­be auf die­se Frei­hei­ten ver­zich­ten. Weil wir es wol­len, egal was ande­re tun. Weil es unse­re Ent­schei­dung ist. Weil wir damit etwas von Got­tes Lie­be wei­ter­ge­ben, die wir selbst (unver­dient) emp­fan­gen haben. Sie auch an die wei­ter­zu­ge­ben, die sie unse­rem Urteil nach gera­de so gar nicht ver­dient haben, ist wohl die gro­ße Her­aus­for­de­rung unse­rer Zeit.

„Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist erlaubt, aber nicht alles baut auf. Nie­mand suche das Sei­ne, son­dern was dem andern dient.“

Birgit Schmidt
Ev. Johan­nes­kir­chen­ge­mein­de